Unterwegs im Pitztal/Östereich – Juli 2018
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Wenn sich Pläne ändern
Im April des vergangenen Jahres stand ich mit meiner Frau in Sulden und bestaunte den Ortler, auch König Ortler genannt. Ich fotografierte ihn und seine Nachbarn ausgiebig und kam mit Einheimischen ins Gespräch. In ortsansässigen Alpinschule erhielt ich Infomaterial zu geführten Bergtouren zum Gipfel des Ortlers incl. den Kostenangeboten für derartige Unternehmungen. Das klang alles erst einmal gar nicht so schlimm, so dass die Idee in mir reifte, sich dem Ortler zu stellen.
Zum Jahreswechsel besann ich mich auf meine EverestBaseCamp-Tour aus dem Jahre 2014. Damals waren mir folgende drei Dinge unvergesslich in Erinnerung geblieben:
- Erstens: Lass Dich nur von einem erfahrenen Bergsteiger begleiten.
- Zweitens: Nimm immer einen guten Freund mit, falls etwas passiert.
- Und drittens: Plane ausreichend Zeit ein.
Also konsultierte ich kurz entschlossen unseren damaligen Tourenführer Olaf Rieck und meinen Begleiter Bernd bei jener Tour. Beide sagten sofort „Ja!“, womit die Planung, den Ortler ins Visier zu nehmen, weiter konkretere Form annahm.
Das war dann der Plan:
Die erste Etappe führte uns nach Mandarfen im Pitztal/Östereich, auf knapp 1.600 m gelegen. Dort treffen wir Olaf und steigen umgehend zur Taschach-Hütte am Taschachferner bis auf über 2.400 m auf. Dort akklimatisieren wir uns durch Bergtouren auf den Hinteren Brunnenkogel (3.440 m) und zur Wildspitze, mit über 3.700 m der höchste Berg der Ostalpen. Immerhin! Begleitet wird der Aufenthalt von zwingend erforderlichen Lektionen der alpinen Schule. Nach drei bis vier Tagen setzen wir nach Sulden/Südtirol um, erreichen die Payerhütte (3.000 m) und erklimmen von dort aus den fast 4.000 m mächtigen König Ortler.
So weit, so gut. Aber es sollte alles anders kommen.
Voller Tatendrang reisten wir an und trafen uns Anfang Juli wie geplant in Mandarfen mit Olaf. Ein riesiges Hallo nach so langer Zeit. Immerhin sind bereits schon wieder vier Jahre vergangen. Die 800 Höhenmeter, die es zu überwinden galt, ehe wir die Taschach-Hütte erreichten, stimmten uns schon mal ordentlich ein.
Die Unterkunft ist für eine Berghütte äußerst luxuriös. Sie ist es nur dann nicht, wenn man nicht daran gewöhnt ist, auf dem Gang zu nächtigen. Zum Glück bezogen wir in der zweiten Nacht ein separates Quartier, was das Leben etwas angenehmer werden ließ. Der erste Tag führte uns dann schon über schale Wege und Geröll, vorbei an Klettersteigen zum Taschachferner, eigentlich ein sterbender Gletscher, der sich immens zurückgezogen hat in den vergangenen zwanzig Jahren. Erschreckend schnell! Das macht das Trekking an seinen Flanken nicht gerade ungefährlich.
Auf dem Gletscher liefen wir dann zum ersten Mal in unserem Leben mit Steigeisen unter Füßen weiter hinauf. Wir hatten den Hinteren Brunnenkogel im Blick. Er ist ein sehr schroffer, zerklüfteter Berg, unbequem zu laufen, egal ob im Firn oder im Gestein. Auf seinem Gipfel thront ein UFO – die Bergstation der Wildspitzbahn – eben unser Ziel.
Als wir das Firnfeld auf 3.000 m Höhe verließen, wurde es für mich ungemütlich. Ein sehr, sehr steiler Klettersteig musste überwunden werden. Keine leichte Aufgabe in Anbetracht der noch steiler erscheinenden Abgründe links und rechts des Weges. Konfrontationstherapie nannte es Olaf. Die Abgründe ausgeblendet und sich nur auf den Weg konzentrierend, konnte die Herausforderung nach tausend Höhenmetern bewältigt werden. Am Ende des Weges standen wir glücklich vereint vor einem herrlichen Bergpanorama, welches uns auch den Blick zum Ortler bot. Majestätisch überragt er alles in seiner Umgebung.
Die erfolgreiche Bergbesteigung ließen wir gemütlich in der Hütte ausklingen, auch wenn es in der hütteneigenen Kletterhalle mit der Alpinschule weiterging.
Der zweite alpine Tag stand anfänglich ganz im Zeichen von Übungen, verbunden mit etwas Regeneration. Olaf zeigte uns verschiedene Möglichkeiten, Fixpunkte im Eis zu bauen.
Fallübungen im Firn kosten etwas Überwindung. Am Ende fühlt man sich aber wie ein Kleinkind in den Ferien.
Im weiteren Tagesverlauf stellten wir die Regeneration zurück und widmeten uns wieder dem Bergsport, indem wir den Aufstieg am Jümar testeten. Eine sehr sichere und effiziente Methode, auf unsicherem Grund steile Gefälle zu überwinden. Schon waren wir wieder auf 3.000 m.
Ein langer, anstrengender Rückweg kündigte sich an. Gerade so, dass wir es zum Abendessen schafften. Den Tatsachen ins Auge blickend, haben wir uns an diesem Abend entschieden, am Ortler keine Experimente zu wagen. Es macht keinen Sinn, generell in den Bergen seine Fähigkeiten zu überschätzen und unnötige Gefahren einzugehen. Seine reale Leistungsfähigkeit richtig zu reflektieren, rettet u. U. Leben und macht Familie sowie Arbeitgeber glücklich, indem man unversehrt aus den Bergen zurückkehrt.
Eine traumhafte Trekkingtour entlang dem Fuldaer Höhenweg sollte unsere Bergunternehmung ausklingen lassen. Diese auch immerhin fast zwanzig Kilometer lange Wanderung tat der Seele gut. Zeit zum Fotografieren gab es genug, auch für eine kleine Einkehr. Ein bisschen Urlaub eben.
Wie kann ein kurzes Fazit daher lauten?
Was sind die Berge schön und die Wildspitze sehen wir uns vielleicht noch einmal etwas näher an!
Euer Mayk!
P.S.: Die Bilder 1, 2, 3, 5, 6,13 und 14 wurden mit einer Nikon D 7200 aufgenommen.